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Jahrgang 2022

Der Sommer mit der bisher längsten Trockenperiode.

Ein etwas milderer Winter brachte wieder ausreichend Regen (Nov.-März 245 mm) um wieder entspannt in die Saison zu starten. Der März glänzte dieses Jahr allerdings mit schönem Wetter mit sehr vielen Sonnenscheinstunden und wenig Niederschlag, was die Reben schon langsam aus dem Winterschlaf erwachen ließ.  Der Austrieb erfolgte somit acht bis zehn Tage früher als im langjährigen Mittel und startete schon Ende April. Eine frühere Traubenlese war somit schon mal in Sicht. Ende April pflanzten wir unsere ersten beiden pilzwiderstandsfähigen Sorten Divico und Cabernet Cortis im St. Goarer Rosenberg, welche sehr gut angewachsen sind. Spätfrost war dieses Jahr zum Glück wieder kein Thema.

Das Wachstum ging dann aufgrund von ausreichender Wärme mit diesem Vorsprung weiter. Im Mai fiel zwar noch Regen, aber die Menge war mit 44 mm schon geringer. Im Juni war es dann auch warm, aber nicht heiß, sodass auch die Heftarbeiten bei angenehmen Temperaturen durchgeführt werden konnten. Gleichzeitig wurde es immer trockener und es wurden schon erste Überlegungen zum Gießen angestellt, die aber mit einem Niederschlagsereignis von 29 mm erst einmal wieder zurückgestellt werden konnten. Dennoch wurde schon vorher jede zweite Zeile mit der Kreiselegge bearbeitet um die Begrünung als Konkurrenz einzudämmen und zusätzlichem Trockenstress vorzubeugen. Allerdings ging es im Juli warm und mit 6 mm Niederschlag im ganzen Juli extrem trocken weiter, sodass wir uns dann doch schon in der zweiten Juliwoche dazu entschlossen haben alle jungen Weinberge zu gießen bevor Trockenschäden auftauchen, was genau die richtige Entscheidung war. Danach begannen wir, da keine Aussicht auf Regen bestand in allen jungen Weinbergen und schwächeren Ecken Trauben herauszuschneiden, da der Ansatz in diesem Jahr für die Trockenheit viel zu hoch war. Der August ging dann mit mehr Wärme und teilweise auch Hitze genau so trocken mit 11 mm Niederschlag im ganzen Monat weiter. In diesem Jahr war nur ein Laubschnitt und einmal Mulchen notwendig und eine erstmalige Unterstockbearbeitung mit der Rollhacke zeigte im Zuge der Trockenheit hervorragende Ergebnisse. Ein Phänomen, das wir so noch nicht hatten war, dass durch die Trockenheit die Laubwände der älteren Anlagen extrem locker blieben, weil sich fast überhaupt keine Geiztriebe bildeten und so verzichteten wir auch in St. Goar auf ein Entblättern der Sonnenseite vor der Traubenlese um noch ausreichend Assimilationsfläche für die Zuckerbildung zu erhalten. Die Neuanlage im Rosenberg wuchs erstaunlich gut weiter, einzig die Weinberge im Ameisenberg auf dem sehr kargen Boden reagierten mit einem Wachstumsstopp.

Was den Sommer abgesehen von der Trockenheit auch noch ausmachte war die extreme Strahlungsintensität. Es schien ja fast den ganzen Sommer bei strahlend blauem Himmel die Sonne, wobei wir aber von Hitze mit über 35 °C weitestgehend, wenn dann nur tageweise verschont blieben, wodurch wir auch für den Sommer fast erstaunlich keinerlei Sonnenbrandschäden hatten. So wurde schon im August die Jahressonnenscheindauer überschritten. Die Reben hielten die ganze Vegetation den Vorsprung, welcher sich aber durch die Trockenheit nicht weiter ausdehnte und so war ein Erntebeginn Anfang September klar.

Dann kam es wie es kommen musste, denn auch die mit zehn Wochen fast keinem Niederschlag bisher längste Trockenperiode sollte irgendwann einmal enden. Mit dem Monat September endete nicht nur mit 99 mm Niederschlag die Trockenheit, es wurde auch deutlich kühler uns sehr sehr trüb, was die Reife der Trauben völlig ausbremste und fast zum Stillstand brachte. Die bisher stetig steigenden Mostgewichte blieben fast stehen und entwickelten sich nur noch sehr langsam, bzw. gingen in manchen Wochen sogar rückwärts. Die Niederschläge der ersten beiden Septemberwochen waren dabei sehr positiv und wurden von den Trauben wohlwollend aufgenommen, danach hätte man auf weiteren Niederschlag verzichten können. Allerdings breitete sich Fäulnis nur sehr langsam aus und in erster Linie in Altanlagen, welche schon vorher pralle Trauben hatten, sodass diese als erste Rieslingweinberge gelesen wurden. Jüngere Weinberge präsentierten sich lange sehr gesund. So starteten wir am 6. September mit Müller-Thurgau für Federweißer, sowie Cabernet Dorsa und auch schon Spätburgunder. Danach ging es sehr entspannt weiter, da durch die Kühle die Weinberge gewannen- und lagenweise reiften und man nach und nach ohne Stress ernten konnte und um den Regen herum planen konnte. Mit Riesling begannen wir am 24. September und endeten am 7. Oktober. Letzten Endes fehlte für den trotz Trockenheit guten Behang die Blattfläche für absolute Spitzenqualität mit hohen Mostgewichten, nach welcher es bis Ende August noch ausgesehen hat und was wenn der September sich weiterhin auch mal sonnig gezeigt hätte durchaus möglich gewesen wäre. Durch die kühlere Witterung blieb aber auch die Säure stabil und fiel nicht wie noch bis Ende August befürchtet in den Keller. Als Winzer muss man ehrlicherweise aber sagen, dass uns „normale“ Qualitäten mit dann auch moderateren Alkoholgehalten, wie sie meist vom Verbraucher gewünscht werden und auch für eine filigranere Weinstilistik dienlich sind, lieber sind.

Der vom Ertrag her durchschnittliche Jahrgang passt nach den beiden Vorgängerjahren sehr gut mit wieder fruchtigen-würzigen und frischen Weinen mit noch moderatem Alkohol und einer lebendigen Säure in die Reihe.

Im Oktober kam dann nach der Lese nochmal die Sonne mit teilweise sommerlichen Temperaturen und auch immer wieder mal Regen (60 mm) zurück, sodass der Oktober als bisher wärmster Oktober der Wetteraufzeichnung in die Geschichte eingeht.

Wildschweine waren das ganze Jahr vor allem durch die Trockenheit überhaupt kein Thema und auch aufgrund eines Mastjahres mit vielen Eicheln hielten sie sich von den Weinbergen fern und Vogelfraß war nur vor allem bei den roten Sorten an den Rändern ein Problem.  

Das erste Jahr der Umstellung zum ökologischen Weinbau meisterten wir problemlos und konnten dabei viele Erfahrungen im ökologischen Pflanzenschutz sammeln.

Aufgrund des trockenen Jahres zeigte sich wie wichtig eine gute Humusversorgung im Weinberg ist und wie man damit den Weinbergen helfen kann auch solche Jahre, welche in Zukunft wohl häufiger werden, gut zu überstehen. Aber der Aufbau einer guten Humusversorgung braucht auch Zeit und geht nicht von einem Jahr auf das andere und so zeigten sich die älteren Weinberge, in welchen über Begrünungen schon Humus aufgebaut wurde, trotz der Trockenheit sehr vital. So haben wir direkt nach der Traubenlese jede zweite Zeile überwiegend mit einer Mischung aus Wicken, welche den Stickstoff aus der Luft sammeln und somit auf natürliche Weise die Reben düngen und Roggen, welcher über Winter Nitrat im Boden fixiert und somit eine Nitratauswaschung verhindert und im Frühjahr viel Grünmasse zum Humusaufbau bildet, eingesät. Außerdem bringen wir vor allem in jungen Weinbergen in der nicht eingesäten Zeile grobes Holzhäckselmaterial von den umliegenden Strauchschnittplätzen als Bodenabdeckung ein, um schneller Humus aufzubauen und die Wasserspeicherfähigkeit zu erhöhen, sowie die Verdunstung zu minimieren und Erosion zu verhindern. Mit all diesen Maßnahmen können wir dann weiteren Trockenperioden entspannter entgegenblicken.