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Jahrgang 2020

Der Weinberg und das Klima kennen kein Corona

Die Saison 2020 beginnt mit einem normalen, aber wieder nicht kalten Winter mit allerdings endlich mal wieder einer nennenswerteren Niederschlagsmenge, die zumindest für etwas Optimismus für den Sommer sorgte (Nov.-März 277 mm). Ein wieder einmal zu Beginn wärmerer März sorgte auch dieses wieder dafür, dass die Vegetation schon früh in Gang kam. Mit den für den Winter niedrigsten Temperaturen Ende März wurde die Vegetation aber durch Ostluft noch einmal eingebremst und so wurde der früheste Austrieb der Reben, den es seit den Aufzeichnungen gegeben hätte, verhindert. Der April startete aber dann durch und so kam es nach 2014 zum zweitfrühesten Austrieb. Der Klimawandel schreitet nun mal unaufhaltsam voran.

In diesem Jahr haben wir einen halben Hektar Riesling in der Lage St. Goarer Rosenberg angepflanzt. Die Pflanzung wurde am 6. April durchgeführt und war natürlich mit einem hohen Spätfrostrisiko verbunden, weshalb wir in der Vergangenheit eigentlich immer erst nach dem 20. April Pflanzungen durchgeführt haben, aber der Lohnunternehmer stand nun mal bereit. Die jungen Reben trieben somit viel früher aus, konnten aber auch den Regen Ende April und Anfang Mai schon aufnehmen und auch die anderen Weinberge waren in der Vegetation schon vorangeschritten und so kam es wie es kommen musste. Die Eisheiligen kündigten sich mit voller Härte an. Eisheilige gut und schön, aber Spätfrost so spät, dass gab es auch noch nicht. So entschieden wir uns dazu am 12. und 13. Mai nachts bzw. am frühen Morgen bis zum Sonnenaufgang Frostkerzen in der Neuanlage aufzustellen, um die Reben am Boden zu schützen, was hervorragend funktionierte. Mit Minus 2,8 °C wurden am 12. die niedrigsten Temperaturen erreicht . Wir waren dabei am Mittelrhein mit vielleicht noch Weiler-Boppard die einzig betroffene Gemeinde. In den übrigen Weinbergen in St. Goar sorgte der Frost nur für geringe Schäden, vor allem in den oberen zwei Blöcken im Ameisenberg durch Kaltluftabfluss von den Weideflächen. Durch diese kühlere Luft kam auch die Vegetation etwas zum Stillstand und so wurde der Vegetationsvorsprung etwas vermindert.

Dann kam ein diesmal ruhiger Sommer, der mit einer etwas kühleren ersten Junihälfte begann, wodurch vor allem die Heftarbeiten erstaunlich entspannt ablaufen konnten. Auch glänzte der Juni mit 93 mm Niederschlag in St. Goar, was die Junganlage hervorragend weiter wachsen ließ und für die Wasserversorgung für den Rest der Saison ausreichte. Ein sehr trockener Juli mit nur 15 mm und ein paar heißere Tage bis Mitte August mit bis zu 37 °C sorgten allerdings wieder für deutlichen Trockenstress im Ameisenberg in den Junganlagen, weshalb wir einen großen Teil der Trauben auf den Boden schnitten und so die ersten Erträge an Rotem Riesling und Riesling aus dem Ameisenberg sehr gering ausfielen. Der Niederschlag war unter Kollegen ohnehin ein großes Thema, da noch nie so eine unterschiedliche Niederschlagsverteilung am Mittelrhein zu verzeichnen war mit Orten in denen es viel zu trocken war (Boppard, Oberheimbach) und Orten mit ausreichender Wasserversorgung zumindest in den Ertragsanlagen (St. Goar, Leutesdorf) was sich dann natürlich auch bei den Erträgen widerspiegelte. Sonnenbrand und Hagel waren in diesem Sommer überhaupt kein Thema.

Dann ging es in Richtung zweitfrühester Traubenlese bei uns im Weingut. Wie in jedem Jahr wurde dann auch die Wetterseite diesmal vegetationsabhängig Ende August entblättert, was zu diesem Zeitpunkt eigentlich kein Problem mehr sein sollte, da Sonnenbrand bei diesem Vegetationsstand normalerweise nicht mehr auftritt. Doch am 15. und 16. September kletterten die Temperaturen noch einmal im Weinberg auf bis zu 35°C, wodurch es vor allem unter der Straße im Frohwingert zu vereinzeltem Sonnenbrand in breiteren Reihen bzw. in den Außenreihen kam. Es wurden dadurch an fast reifen Trauben, Beeren, die wie gebackene Rosinen schmeckten produziert. Das gab es auch noch nie. Die heißeren Tage sowie ein wieder trockener September sorgten wieder, wie im Vorjahr für Trauben, welche kurz vor der Reife eher Symptome von Trockenheit durch teilweises Zusammenziehen und Lapprigwerden aufzeigten.

Die Lese startete am 12. September mit Müller-Thurgau für Federweißer, der Rest folgte dann am 20.. Die Woche darauf folgte erst alles außer Riesling, bevor es dann am 26. September mit Riesling im Urbarer Beulsberg losging. Die 28 mm Niederschlag am 26. und 27. waren erst einmal willkommen, denn erst jetzt begannen sich die Beeren zu füllen und sich auch die Kerne vom Fruchtfleisch zu lösen. Was es so auch noch nicht gab waren extrem dicke und feste Beerenhäute selbst beim Riesling, wodurch selbst nach dem ergiebigen Regen die Trauben weiterhin kerngesund waren. Der Oktober wurde dann etwas wechselhafter, irgendwann musste sich das Wetter ja mal umstellen, aber warum es zur Hauptlese sein musste, weiß nur Petrus. Aufgrund der Traubengesundheit konnte aber weiterhin in Ruhe weitergelesen werden und die Regenpausen abgepasst werden, sodass wir am 15. Oktober die Lese beendeten. Gesamt betrachtet haben wir wieder einen sehr guten Jahrgang bei durchschnittlicher Menge im Keller, der durch bessere Erträge nicht in den Öchslegraden durch die Decke schoss und somit auch wieder moderatere Alkoholgehalte möglich macht. Wildschweine und Vögel waren dieses Jahr wieder mit ausreichend Obst und Eicheln versorgt, weshalb sie sich von unseren Weinbergen fern hielten.